Donnerstag, 14. September 2017

Rezension: "Bis ans Ende der Geschichte" von Jodi Picoult

Eine ungewöhnliche Freundschaft, eine Frage von Moral und Schuld, ein lang gehütetes Geheimnis und eine schwerwiegende Wahrheit...

Allgemeine Infos:
Verlag: C. Bertelsmann
Reihe: nein
Originaltitel: The Storyteller
Erscheinungsdatum: 31.08.2015
Seitenzahl: 560
ISBN: 9783570102176


Klappentext:
Sage Singer ist eine junge Bäckerin. Sie hat ihre Mutter bei einem Autounfall verloren und fühlt sich schuldig, weil sie den Wagen gelenkt hat. Um den Verlust zu verarbeiten, nimmt sie an einer Trauergruppe teil. Dort lernt sie den 90jährigen Josef Weber kennen. Trotz des großen Altersunterschieds haben Sage und Josef ein Gespür für die verdeckten Wunden des anderen, und es entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft. Als Josef ihr eines Tages ein lang verschwiegenes, entsetzliches Geheimnis verrät, bittet er Sage um einen schwerwiegenden Gefallen. Wenn sie einwilligt, hat das allerdings nicht nur moralische, sondern auch gesetzliche Konsequenzen. Sage steht vor einem moralischen Dilemma: Denn wo befindet sich die Grenze zwischen Hilfe und einem Vergehen, Strafe und Gerechtigkeit, Vergebung und Gnade?


Mein Lesegrund:
Dieses Buch wurde mir damals von einem lieben Vertreter ans Herz gelegt, als ich etwas ganz anderes anfragte. Aber Jodi Picoult habe ich vorher schon gelesen und war begeistert, deshalb war ich jetzt neugierig, auch wenn es normalerweise nicht so mein Thema ist.


Meine Meinung zu...

...Grundidee & Verlauf:
Anfangs wusste ich schon, dass dieses Buch anders wird als vorherige der Autorin. Das merkte ich irgendwie schon am Klappentext. Und genau so sollte es auch sein und irgendwie auch nicht.
Dieses Buch hat mich wirklich beschäftigt, dabei war der Anfang zunächst recht harmlos. Wir lernen Sage kennen und ihre Trauergruppe, bei der auch Josef ist. Dieser nimmt immer mehr Platz in Sages Leben ein und die Freundschaft, die sich zwischen ihnen entwickelt, erleben wir hautnah mit.
Bis Josef genug Vertrauen zu ihr entwickelt hat, um ihr von seiner Vergangenheit zu erzählen. Alles beginnt mit einem Foto, auf dem er in einer SS-Uniform zu sehen ist. Er erzählt von seiner Vergangenheit in Deutschland und Sage erfährt immer mehr von dem, was er damals getan hat.
An diesem Punkt habe ich direkt gemerkt, wie gut Jodi Picoult als amerikanische Autorin über das Thema recherchiert hat, denn sie hat einen kleinen Ort für ihre Handlung gewählt, nahe meiner Heimat und alles drum herum aufgebaut und mit wirklichen historischen Fakten untermauert.
Aber neben Josef und Sage gibt es auch noch ihre Großmutter, die ebenfalls während des Kriegs überlebt hat. Ihre Geschichte hat mich, ebenso wie Josefs, sehr tief berührt. Normalerweise liegt mir die Weltkriegsthematik in Büchern nicht so, aber hier war sie großartig. Ich habe mich voll und ganz in der Vergangenheit verloren, habe den Weg von Josef verfolgt und konnte ihn nachvollziehen. Aber auch das Leben ihrer Großmutter ging mir sehr nah, was sie alles getan und ertragen hat und wie sie sich selbst und andere davon ablenkte.
Außerdem kann Sage nicht untätig bleiben, recherchiert hinter seinem Rücken und kommt immer mehr in einen moralischen Zwiespalt. Sie hat wirklich an dem zu kämpfen, was er ihr erzählt und was sie selbst herausfindet.
Auch ich habe mich das während des Lesens gefragt: Was würde ich an ihrer Stelle tun? Ich finde, sie hat genau richtig gehandelt und vor allem das Ende ging mir sehr nah.
Am Ende überschlagen sich wirklich die Ereignisse, es steckt voller Emotionen und Dynamik und hat mich wirklich beschäftigt und tut es noch immer. Als ich das Buch zugeschlagen habe, saß ich da und wusste anfangs nicht, was ich denken soll. Je mehr Abstand zwischen mir und dem Gelesenen liegt, desto bewusster wird mir die Tragweite der Geschichte, die Botschaft, einfach alles. Mich hat schon lange keine Geschichte mehr so intensiv beeindruckt und berührt.

...Schreibstil:
Hier waren die unterschiedlichen Perspektiven einfach perfekt und auch notwendig. Diese Geschichte muss einfach von ihren unterschiedlichen Personen zur passenden Zeit erzählt werden und genau das schafft die Autorin sehr gut. Nicht alle fand ich auf Anhieb spannend, aber sie werden euch in ihren Bann ziehen. Außerdem kann man sich zu 100% in die Charaktere, besonders in Josef und die Großmutter, hinein versetzen. Das hatte ich so intensiv schon lange nicht mehr.
Vor allem diese 'Nebenkapitel', die immer mehr ihren Platz in der Geschichte einnehmen und was es mit ihnen auf sich hat, hat mich sehr beeindruckt und berührt. 

Fazit:
Die Autorin schafft hier erneut ein komplexes, gut recherchiertes Werk, bei dem die Vergangenheit und die schwerwiegende Frage nach Moral und Vergebung im Vordergrund steht. Das Thema ist keinesfalls einfach, aber sehr lesenswert.
Lange konnte mich keine Geschichte mehr auf diese Weise beeindrucken in ihrer Gesamtheit, mit ihren einzelnen Charakteren und deren Geschichten, mit dem Drumherum und vor allem mit der Aussage dahinter. Wahrscheinlich liegt es an ihrem Wahrheitsgehalt, denn genau so war es damals! Und sich das vor Augen zu führen, und dazu die Frage nach Schuld und Vergebung, machen dieses Buch wahrscheinlich so großartig und lesenswert.
Einfach ein beeindruckendes Buch, was wirklich gut recherchiert ist und den Leser in eine Welt entführt, die wir uns so gar nicht vorstellen wollen.

Ich empfehle dieses Buch jedem, der bisher gerne Bücher von Jodi Picoult gelesen hat. Aber auch eine große Empfehlung für jeden, der sich mit der Thematik rund um den zweiten Weltkrieg auf einer menschlichen Ebene und von beiden Seiten beschäftigen möchte.

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